Behandlung - Adipositaschirurgie

Operative Verfahren der Adipositaschirurgie sind bei Adipositas Grad III (BMI ≥ 40,0 kg/m²) nach Ausschöpfen der nicht-operativen Therapiemethoden indiziert (Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie, CA-ADIP, 2018; DAG, 2014). Schwere medizinische Begleiterkrankungen (u.a. Diabetes Mellitus Typ 2), besondere psychosoziale Umstände und ausbleibender Erfolg einer nicht-operativen Gewichtsreduktion können eine chirurgische Therapie auch bei einem BMI ≥ 35,0 kg/m² notwendig werden lassen. Zusätzlich besteht bei besonderer Krankheitsschwere (BMI ≥ 50,0 kg/m², keine Aussicht auf nicht-operative Gewichtsreduktion, besondere Schwere von Begleiterkrankungen) die Möglichkeit, eine Primärindikation zu stellen (d.h. empfohlene Operation ohne vorherigen nicht-operativen Therapieversuch; CA-ADIP, 2018).

Die Adipositaschirurgie sollte nicht bei unbehandelten psychischen (z.B. Bulimia Nervosa), konsumierenden (z.B. Krebs) und chronischen Erkrankungen (z.B. Leberzirrhose) vorgenommen werden. Vor der Operation sollten eine fachübergreifende Diagnostik (medizinisch, psychologisch, ernährungstherapeutisch) sowie eine umfassende Aufklärung über operative Verfahren, Risiken und postoperative Verhaltensregeln erfolgen. Bei Patienten mit nicht-stabilisierten psychischen Störungen wie Depressionen, Psychosen, Substanzabhängigkeitsstörungen oder Essstörungen sollte eine psychotherapeutische Behandlung der Operation vorangestellt werden. Unter besonderer Berücksichtigung von BMI, Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen und Motivation des Patienten werden entsprechend der Behandlungsleitlinien eine Schlauchmagenbildung, verschiedene Formen des Magen-Bypasses, die Biliopankreatische Diversion oder kombinierte Stufenkonzepte angewendet (CA-ADIP, 2018; DAG, 2014).

Die Adipositaschirurgie ist derzeit die einzige langfristig effektive Behandlung der Adipositas Grad III (BMI ≥ 40,0 kg/m2). Eine Auswertung von 9 kontrollierten Studien zeigte, dass ein Jahr nach Anwendung eines zugelassenen chirurgischen Verfahrens eine Reduktion des BMI um 13,5 bis 14,4 kg/m² zu beobachten war (Kang & Quang, 2017). Chirurgische Verfahren führten laut einer weiteren Übersichtsarbeit auf Basis kontrollierter Studien im Mittel zu einer Reduktion des Ausgangsgewichts um 28%. Auch 10 bis 12 Jahre nach der Operation zeigte die Adipositaschirurgie in kontrollierten Studien noch einen größeren Gewichtsreduktionserfolg als nicht-operative Verfahren (Albaugh & Abumrad, 2018).

Der chirurgische Eingriff führt nicht nur zu einer deutlichen und langanhaltenden Gewichtsreduktion, sondern auch zu einer Verbesserung der Folgekrankheiten wie Diabetes Mellitus Typ 2, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder Schlafapnoe (d.h. Atemstillstände während des Schlafs). Aber auch depressive Symptome, Selbstwert, Körperbild und Lebensqualität verbessern sich. Außerdem reduziert sich langfristig das Erkrankungsrisiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (CA-ADIP, 2018). Der Nutzen eines chirurgischen Eingriffs birgt jedoch auch Risiken, z.B. je nach verwendetem Verfahren ein etwa 0,1 bis 0,8%iges Mortalitätsrisiko (d.h. Risiko zu sterben). Mögliche kurz- und längerfristige Komplikationen umfassen je nach eingesetztem Verfahren z.B. Wundheilungsstörungen, kardiovaskuläre (d.h. das Herz und Gefäßsystem betreffende) Probleme, Durchfall und Lungenembolie (d.h. Verstopfung eines Blutgefäßes in der Lunge).

Von besonderer Wichtigkeit ist eine postoperative Nachsorge, da ihre Inanspruchnahme zu höherer Gewichtsreduktion und selteneren Komplikationen führt (Rudolph & Hilbert, 2013). In den ersten 6 Monaten nach der Operation sollten Patienten eine engmaschige Nachsorge und ärztliche Betreuung erhalten: Nachsorgeuntersuchungen sollten nach einem, drei, sechs, zwölf, 18, 24 Monaten und dann jährlich erfolgen (CA-ADIP, 2018). So können Mangelerscheinungen frühzeitig erkannt werden, die nach starkem Gewichtsverlust trotz Supplementierung (d.h. der ergänzenden Aufnahme einzelner Nährstoffe neben der gewöhnlichen Nahrung) auftreten können. Das Essverhalten verändert sich durch die Operation deutlich: Beispielsweise können Patienten nur noch kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen. Plastisch-chirurgische Verfahren können nach erfolgreicher Gewichtsreduktion notwendig werden, um überschüssige Haut zu entfernen und Hautinfektionen zu vermeiden (CA-ADIP, 2018).