Definition Adipositas

Adipositas (Fettleibigkeit) bezeichnet eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfetts. Laut der aktuellen Leitlinien zur Prävention und Therapie der Adipositas (Deutsche Adipositas-Gesellschaft, DAG, 2014) wird eine Adipositas anhand des Körpermassenindexes („Body-Mass-Index“, BMI) festgestellt. Die Berechnungsformel lautet

BMI = Gewicht (in kg) / Körpergröße (in m) im Quadrat

Eine Adipositas liegt bei Erwachsenen ab einem BMI ≥ 30,0 kg/m² vor (s. Tabelle). Das heißt, dass eine Person von 1,70 m Größe ab einem Körpergewicht von 87 kg als adipös gilt. Übergewicht liegt ab einem BMI ≥ 25,0 kg/m² vor, dies entspricht einem Körpergewicht ≥ 72 kg bei 1,70 m Größe. Für einen BMI-Rechner siehe http://www.adipositas-gesellschaft.de/mybmi/.

Tabelle: Gewichtsklassifikation anhand des Body-Mass-Index (BMI) für Erwachsene

Gewichtsklassifikation anhand des Body-Mass-Index (BMI) für Erwachsene (nach Deutsche Adipositas-Gesellschaft, 2014)

 

Für die Gewichtsklassifikation im Kindes- und Jugendalter wird der BMI anhand der alters- und geschlechtsbezogenen Verteilung relativiert. Eine Adipositas liegt ab einem BMI > 97. Perzentil, Übergewicht ab einem BMI > 90. Perzentil der Referenzdaten der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes und Jugendalter vor (AGA, 2015). Wenn ein Kind einen BMI hat, der dem 98. Perzentil entspricht, bedeutet dies, dass 98% der Kinder der Vergleichsgruppe einen geringeren BMI haben. Für einen BMI-Rechner für Kinder und Jugendliche siehe http://aga.adipositas-gesellschaft.de/mybmi4kids/.

Neben dem BMI gibt auch das Fettverteilungsmuster Aufschluss über Ausmaß und Gesundheitsrisiko der Adipositas. Ein hoher Anteil an viszeraler Fettmasse (Bauchfett) kennzeichnet die abdominale Adipositas (sog. „Apfelform“) und ist mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko verbunden (DAG, 2014). Ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko besteht dabei bei einem Taillenumfang ≥ 88 cm bei Frauen und ≥ 102 cm bei Männern. Ergänzende Informationen zum Körperfettanteil liefert die Bioelektrische Impedanzanalyse, indem sie den körpereigenen elektrischen Widerstand misst (Rotella & Dicembrini, 2015).

Klinisch ist die Adipositas in der Internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD-10-GM, 2012) als „Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheit“ (E66) klassifizierbar.

 

Obwohl die Adipositas in unserem Gesundheitssystem vielfach nicht als Krankheit angesehen wird, kommen die aktuellen Behandlungsleitlinien zu dem Schluss, dass sie aus medizinischer Sicht als Krankheit einzuordnen ist (DAG, 2014). Denn Ursachen, Erscheinungsformen und Folgeerscheinungen der Adipositas sind klar beschrieben. Damit folgt die DAG den Einschätzungen weiterer Fachgruppen wie der American Medical Association (AMA, 2013).

Beginnend mit dem Kindes- und Jugendalter stellt die Adipositas einen Risikofaktor für medizinische Folgeerkrankungen dar. Je stärker die Adipositas ausgeprägt ist, desto höher ist das Erkrankungsrisiko (s. Tabelle zur Gewichtsklassifikation). Dies betrifft beispielsweise Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels (z.B. Diabetes Mellitus Typ 2), Störungen des Fettstoffwechsels (z.B. niedriges HDL-Cholesterin), kardiovaskuläre Erkrankungen (d.h. das Herz- und die Gefäße betreffend, z.B. Bluthochdruck, Schlaganfall) sowie Gallensteine, Fettleber, Schlafapnoe (d.h. Atemstillstände während des Schlafs) und bestimmte Krebsarten (z.B. Brust, Prostata).

Betroffene leiden zudem vermehrt unter gastrointestinalen (d.h. den Magen-Darm-Trakt betreffenden) und urogenitalen (d.h. die Harn- und Geschlechtsorgane betreffenden) Beschwerden, hormonellen Störungen und degenerativen (d.h. verschleißbedingten) Erkrankungen des Bewegungsapparates. Schließlich ist das Unfall-, Operations- und Narkoserisiko gesteigert (DAG, 2014).

Die Adipositas ist zudem mit einer erhöhten Sterblichkeit verbunden: So war bei einem um 5 Punkte höheren BMI die Sterblichkeitsrate in einer groß angelegten, kontinentübergreifenden Übersichtsarbeit um ca. 40% erhöht (um Geschlechts- und Alterseffekte bereinigt; Global BMI Mortality Collaboration, 2016). Dass kardiovaskuläre Erkrankungen vermehrt bei Adipositas auftreten, kann auf das Metabolische Syndrom zurückgeführt werden, welches das gemeinsame Auftreten von Bluthochdruck, gestörtem Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel und erhöhtem Taillenumfang bezeichnet.

Die psychischen Begleiterscheinungen von Adipositas umfassen neben vermehrtem Auftreten von Depressivität und Ängstlichkeit auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das komorbide (gleichzeitige) Auftreten von psychischen Störungen wie Depressionen und Angststörungen (Collins, Meng, & Eng, 2016; DAG, 2014). Auch die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (Cortese & Tessari, 2016) sowie Essstörungen mit Essanfällen (Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störung; Udo & Grilo, 2018) treten ebenfalls oft zusammen mit einer Adipositas auf.