Stigma im Alltag
Beruf
"Mit dem Gewicht können Sie doch nicht im Lager arbeiten, Sie kommen ja nicht mal auf die Leiter.“
Menschen mit Adipositas erleben in Ausbildung und Beruf gewichtsbezogene Vorurteile und Diskriminierung. So werden Bewerbungskandidatinnen und -kandidaten mit Adipositas seltener für Vorstellungsgespräche ausgewählt und zur Einstellung vorgeschlagen. Menschen mit Adipositas werden von Mitarbeitenden oft als weniger kompetent und zudem emotional instabiler wahrgenommen.
Gesundheitswesen
"Bei dem Gewicht ist es kein Wunder, dass Sie Gelenkbeschwerden haben, da kann ich auch nichts machen."
Im Gesundheitswesen sind Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Menschen mit Adipositas weit verbreitet. Ärztinnen und Ärzte gelten dabei als eine der Hauptquellen für gewichtsbezogene Diskriminierung. Entsprechende Vorurteile können die Behandlung beeinträchtigen, da Patientinnen und Patienten mit Adipositas oft als weniger diszipliniert und weniger gesund eingeschätzt werden. Dies führt dazu, dass Ärztinnen und Ärzte weniger Zeit für ihre Behandlung aufwenden und weniger optimistisch in Bezug auf den Behandlungserfolg sind.
Das zeigt sich auch im Erleben der betroffenen Patientinnen und Patienten: Viele fühlen sich von Ärztinnen und Ärzten abgewertet und nicht ernst genommen. Scham über das Gewicht, Unbehagen bei körperlichen Untersuchungen und wenig hilfreiche Ratschläge zur Gewichtsreduktion können eine Rolle spielen. Solche negativen Erfahrungen können dazu führen, dass die Bereitschaft, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, und die Motivation zur Gewichtsreduktion sinken.
Medien
„Wie kann man sich so aufgeben?!“
Die Medien spielen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung gesellschaftlicher Werte und Normen und veröffentlichen oftmals stigmatisierende Inhalte. Beispielsweise werden stereotype und negative Darstellungen von übergewichtigen Personen gezeigt, was gewichtsbezogene Stigmatisierung verschärfen kann.
Eine der häufigsten Darstellungen von Menschen mit Adipositas in den Medien ist die einer faulen, unattraktiven oder ungesunden Person. Darüber hinaus wird Adipositas in den Medien oft mit einem Mangel an Erfolg oder Glück in Verbindung gebracht. Personen mit Adipositas werden seltener als Hauptcharaktere in Filmen oder Fernsehsendungen dargestellt und haben oft nur begrenzte oder stereotype Rollen (z. B. Witzfigur).
Auch in der Werbung werden Menschen mit Übergewicht oft stigmatisiert. Produkte zur Gewichtsreduktion werden oft mit Bildern von schlanken Personen beworben, was den Eindruck vermittelt, dass nur ein schlanker Körper schön und begehrenswert ist. Diese Art der Werbung verstärkt nicht nur ein negative Selbstbild bei Menschen mit Adipositas, sondern trägt auch zur Selbststigmatisierung bei.
Kindheit
„Schaut, da kommt der Fette!“
Die Stigmatisierung von Menschen mit Adipositas beginnt oft schon in der Kindheit und kann schwerwiegende Auswirkungen auf die Entwicklung und das Wohlbefinden der Betroffenen haben.
Kinder mit Adipositas werden in der Schule weniger akzeptiert, haben weniger soziale Kontakte und erfahren mehr Mobbing als normalgewichtige Kinder. Gewichtsbezogene Stigmatisierung kann dabei durch Lehrerinnen und Lehrer, andere Kinder, aber auch durch die eigenen Freundinnen und Freunde oder sogar die Familie erfolgen. Dabei sind gerade Kinder anfällig für die negativen sozialen, emotionalen und gesundheitlichen Konsequenzen von Stigmatisierung.
Auch für das weitere Leben bleibt das nicht folgenlos: Ausgrenzungserfahrungen in der Kindheit (z. B. gewichtsbezogene Hänseleien) gehen einem negativen Körperbild, sozialer Angst und depressiven Gefühlen voraus. Zusätzlich schließen sich Kinder und Jugendliche mit Adipositas aufgrund gewichtsbezogener Stigmatisierung auch selbst von verschiedenen Aktivitäten aus, was soziale Isolation fördern kann.
Persönliche Beziehungen
"Mein erstes – und einziges – Blind-Date war eine Katastrophe, als er mich gesehen hat, ist er sofort wieder gegangen."
Vor allem in persönlichen Beziehungen erfahren Menschen mit Adipositas gewichtsbezogene Stigmatisierung. Studien zufolge sehen Betroffene die eigenen Familienmitglieder, Ehepartnerinnen und Ehepartner sowie befreundete Personen als wichtigste Quelle für stigmatisierende Verhaltensweisen an.